Roboter unterstützen Einsatzkräfte in Krisengebieten, Unternehmen treffen Personalentscheidungen mithilfe von Künstlicher Intelligenz und Remote Work - das ortunabhängige Arbeiten - ist für viele Beschäftigte Alltag. Die Arbeitswelt ist im Umbruch - doch wie kommen wir Menschen damit zurecht?
Bettina Kubicek, Professorin für Arbeits- und Organisationspsychologie an der Universität Graz, untersucht, wie sich der Wandel der Berufswelt auf unser Wohlbefinden, die Leistungsfähigkeit und die Motivation auswirken kann. In zahlreichen interdisziplinären Forschungsprojekten beschäftigt sie sich mit der Flexibilisierung und Robotisierung der Arbeit. Die Auswirkungen des technologischen Fortschritts stehen dabei oftmals im Fokus.
Grenzziehung zwischen Arbeit und Privatleben
Noch schnell eine E-Mail beantworten, den Chef zurückrufen oder ein Meeting bestätigen: Nicht erst seit der Corona-Krise ist eine Grenzziehung zwischen Berufsleben und Freizeit nicht immer einfach. „Das Angebot, aber auch die Forderung an Beschäftigte, zeitlich und örtlich flexibel zu arbeiten, hat in den letzten Jahren zugenommen“, so Bettina Kubicek. Im Zuge verschiedener Projekte erforscht die Arbeitspsychologin mit ihrem Team Chancen und Herausforderungen, die mit Home-Office, Telearbeit oder Remote Work einhergehen.
Das Projekt Grenzziehung zwischen Arbeit und Privatleben will herausfinden, unter welchen Bedingungen Arbeitnehmer*innen Beruf und Privatleben voneinander abgrenzen oder eher dazu tendieren, die Arbeit in das Privatleben zu integrieren. Dabei wird auch die Nutzung von Informations- und Kommunikationstechnologien untersucht. Da Richtlinien, die das flexible Arbeiten regeln, noch nicht in allen steirischen Betrieben selbstverständlich sind, erarbeitet das Projekt auch Handlungsempfehlungen in Form einer Broschüre.
Vertrauen als Basis für Zusammenarbeit
Neben der Flexibilisierung sind auch die Robotisierung und sogenannte Mensch-Roboter-Interaktionen Forschungsschwerpunkte in Bettina Kubiceks Arbeitsbereich. Im Smart Regulation-Projekt Trust Me – Vertrauen in humanoide Roboter im Arbeitskontext forscht sie gemeinsam mit Philosoph*innen und Psycholog*innen der Universität Graz sowie Informatiker*innen der TU Graz und der TU Wien zu Vertrauen – der Basis einer jeden Zusammenarbeit. „Vertrauen ist ein Begriff, der aus der zwischenmenschlichen Beziehung kommt. Aber dennoch beziehen sich Menschen sozial auf Maschinen“, so Bettina Kubicek. Diese Bezogenheit der Menschen auf Roboter könne durch Vertrauen oder Misstrauen gekennzeichnet sein: „Das ist das zentrale Charakteristikum. Positives Feedback des Roboters stärkt das Vertrauen, während sich negatives Feedback nachteilig auswirkt.“
Ziel sei aber kein maximal gesteigertes Vertrauen in Roboter, sondern die Förderung des sogenannten kalibrierten Vertrauens: ein Vertrauen, das den Fähigkeiten des Roboters entspricht. „Roboter sind unterschiedlich gut in der Ausführung unterschiedlicher Tätigkeiten. Menschen bringen einem Roboter, der sehr viele Fähigkeiten hat, mehr Vertrauen entgegen, als einem Roboter, der fehleranfällig ist“, erklärt die Arbeitspsychologin.
Assistenzroboter im Kriseneinsatz
Dieses kalibrierte Vertrauen spielt auch in Bettina Kubiceks neuestem Robotik-Forschungsprojekt eine zentrale Rolle: Gemeinsam mit der Berufsfeuerwehr sowie Expert*innen aus den Bereichen Informatik, Visualisierung und Landesverteidigung forscht die Arbeitspsychologin im Projekt EASIER (Enabling and Assessing Trust when Cooperating with Robots in Disaster Response) zu Assistenzrobotern, die Einsatzkräfte in Krisensituationen unterstützen. Das Vertrauen in diese mobilen Roboter, die beispielsweise der Feuerwehr bei schwierigen Bergungen assistieren, ist für die beteiligten Einsatzkräfte von größter Bedeutung, betont Kubicek. „Kann der Mensch dem Roboter durch bestimmte Verhaltensweisen rückmelden, wie sehr er ihm vertraut? Und könnte der Roboter entsprechend diesem Level sein Verhalten anpassen - beispielsweise indem er sein Handeln ausführlicher erläutert?“ fasst die Psychologin jene Fragestellungen zusammen, die sie mit einem interdisziplinären Team erforschen will.
Sprache, Begriffe und Bedeutungen
Für diese fächerübergreifende Forschungsarbeit, die Bettina Kubicek beispielsweise in den Projekten EASIER oder Trust Me umsetzt, sei die Kommunikation zwischen den Wissenschafter*innen zentral. „Wir sprechen eine unterschiedliche Sprache. Denselben Begriffen geben wir unterschiedliche Bedeutungen. Deswegen ist interdisziplinäres Arbeiten für mich auch eine intensive Auseinandersetzung mit Sprache und Begriffen“, meint die Uni Graz-Professorin. Als Forscherin versuche man Bedeutungen zu verstehen – was allerdings nicht heißt, andere Perspektiven auch zu übernehmen: „Wichtig ist, dass man versteht, wo Gemeinsamkeiten und auch Unterschiede liegen. Diese Auseinandersetzung - das ist für mich interdisziplinär.“
Zur Person: Univ.-Prof. Dr. Bettina Kubicek ist Professorin für Arbeits- und Organisationspsychologie an der Universität Graz. Zu ihren Forschungsschwerpunkten zählen die Auswirkungen von Arbeitsintensivierung, flexiblem Arbeiten und Mensch-Roboter-Kollaborationen.
>> Zum Weiterlesen: In der aktuellen Unizeit-Ausgabe spricht Forscherin Bettina Kubicek über die Arbeitswelt von morgen.