Tele-Psychotherapie während der Corona-Pandemie, Pflegeroboter im Gesundheitswesen oder Digitalisierung von Verwaltung, Gesetzgebung und Gerichtsbarkeit. Dr. Sebastian Scholz, seit Dezember 2020 als Inhaber der Tenure Track-Professur für Technologie- und Innovationsrecht im Arbeitsbereich von Univ.-Prof. Dr. Iris Eisenberger am Institut für Öffentliches Recht und Politikwissenschaft der Universität Graz tätig, beschäftigt sich in seiner Forschungsarbeit unter anderem mit Innovationen, die den Alltag vieler Menschen betreffen, deren rechtliche Rahmenbedingungen aber in vielen Fällen erst erforscht werden müssen.
Vielfältige berufliche Laufbahn
Aus einem vielseitigen Werdegang ergeben sich auch eine Reihe an Forschungsschwerpunkten. Sebastian Scholz setzt sich daher nicht nur mit Technologie- und Innovationsrecht auseinander, sondern auch mit öffentlichem Wirtschaftsrecht und dem Zusammenwirken von EU-Recht und staatlichem Recht. Sein Habilitationsprojekt befasst sich mit Rechtsfragen zum Thema Steuerung des indirekten Unionsvollzugs durch EU-Soft Law.
Vor seinem Wechsel an die Universität Graz war Sebastian Scholz unter anderem an der Wirtschaftsuniversität Wien (Institut für Österreichisches und Europäisches Öffentliches Recht) und am Institut für Staats- und Verwaltungsrecht der Universität Wien tätig. Er arbeitete zudem als juristischer Berater im Büro der Nationalratspräsidentin, als Referent im Bundeskanzleramt-Verfassungsdienst sowie in zwei führenden Anwaltskanzleien für öffentliches Wirtschaftsrecht. Außerdem hat Scholz ein Studium der Sozialen Arbeit absolviert und ist einige Jahre im Vorstand einer großen Sozialeinrichtung tätig gewesen.
Künstliche Intelligenz, Drohnen und autonomes Fahren
Als Smart Regulation-Mitglied wird sich Sebastian Scholz unter anderem mit der Regulierung sozio-technologischer Innovationen auseinandersetzen und auf die zentrale Frage fokussieren, wie man Künstliche Intelligenz (KI), Drohnen oder den Einsatz autonom fahrender Autos auf europäischer und staatlicher Ebene regulieren könnte und sollte. Eine smarte Regulierung könne grundsätzlich nur interdisziplinär gefunden werden, betont Scholz.
Aus juristischer Sicht sei die Einhaltung der Verfassungs- und der Europarechtsordnung eine Vorbedingung, damit eine smarte Regulierung in verfassungsrechtlich vorgezeichneten Bahnen verlaufen kann: „Wenn diese nicht ganz einfache Hürde genommen ist, geht es darum, einen angemessenen Ausgleich zwischen dem Bedürfnis nach Innovation, einer gewissen Vorhersehbarkeit und einer guten Regelungstechnik zu finden.“ Hier sei aus rechtswissenschaftlicher Sicht nicht nur die sogenannte Rechtsdogmatik, also die Auslegung von geltenden Rechtsvorschriften, von Relevanz, sondern auch rechtspolitisches oder rechtskonzeptionelles Denken gefragt.
Einsatz von KI in Medizin und Gesellschaft
Die vielfältigen Einsatzmöglichkeiten Künstlicher Intelligenz werden beispielsweise im Gesundheitswesen erforscht. Operationsroboter, KI-Prothesen oder Pflegeroboter könnten in den kommenden Jahrzehnten Teil unserer medizinischen Versorgung werden, doch welche Herausforderungen – aus ethischer, regulatorischer, sozialer und politischer Sicht – kommen durch den Einsatz von KI auf Medizin und Gesellschaft zu? Mit diesen Fragen setzt sich Sebastian Scholz, der auch Mitherausgeber des Austrian Law Journals ist, im Zuge des interdisziplinären Projektes Responsible Robotics (RR-AI) auseinander, das die Universität Graz gemeinsam mit der TU München realisiert. Scholz ist Teil des rechtswissenschaftlichen Teams, das von Univ.-Prof. Iris Eisenberger geleitet wird, und beschäftigt sich mit Fragen, die den verantwortungsbewussten Einsatz von KI in Medizin und Gesellschaft betreffen. „Die Interdisziplinarität des Projektes, die durch die Zusammenarbeit mit Vertreter*innen anderer Fächer entsteht, ermöglicht es, ein umfassenderes Bild zu erhalten,“ so Scholz.
Psychotherapie per Internet
Kein Medizinprodukt der Zukunft, sondern bereits Realität im Gesundheitswesen ist im Gegensatz dazu die so genannte Tele-Psychotherapie – ein Arbeitsgebiet, mit dem sich Scholz ebenfalls aus juristischer Sicht beschäftigt. Denn im Zuge der Corona-Krise sind psychotherapeutische Behandlungen großflächig auf Telefon- und Online-Angebote umgestellt worden, die rechtlichen Voraussetzungen dazu seien aber noch nicht ausreichend aufgearbeitet. „Im Berufsrecht für Psychotherapeut*innen gibt es keine Bestimmungen zu Telemedizin, es gelten jedoch die allgemeinen Grundsätze, dass Psychotherapie unmittelbar und persönlich ausgeübt werden muss. Daher stellt sich die Frage, ob beispielsweise Psychotherapie per Internet überhaupt zulässig ist“, so Scholz. Eine Online-Therapie ohne Erstkontakt werde eigentlich als unzulässig betrachtet, sei aber nun in der Covid-Pandemie durchaus üblich. Im ärztlichen Berufsrecht gäbe es ebenfalls in Hinblick auf Telemedizin große Unsicherheiten und Reform-Bedarf, um Rechtssicherheit herzustellen, so Scholz.
Im Zuge des interdisziplinären Smart Regulation Symposiums am 8. Oktober 2021 wird sich Sebastian Scholz mit Rechtsfragen zum Thema „Technische Neuerungen und Künstliche Intelligenz in Medizin und Pflege“ auseinandersetzen.
Zur Person: Dr. Sebastian Scholz ist Inhaber der Tenure Track‑Stelle für Technologie‑ und Innovationsrecht am Institut für Öffentliches Recht und Politikwissenschaft.
Die Tenure Track-Professur für Technologie- und Innovationsrecht ist eine Stiftungsprofessur des Landes Steiermark.
Maria Fanta