Wenn Technologie auf Menschen trifft
Wirtschaftsinformatiker Stefan Thalmann forscht zur Wechselwirkung zwischen Technologie, Wirtschaft und Gesellschaft.
19.10.2021
Welchen Einfluss hat Künstliche Intelligenz (KI) auf Wirtschaft und Gesellschaft? Wie können neue technologische Entwicklungen in Geschäftsprozesse integriert werden? Und welche Hürden oder Probleme können dabei auftreten?
Univ.-Prof. Dr. Stefan Thalmann, Leiter des Business Analytics and Data Science Center (BANDAS) und Smart Regulation-Mitglied der ersten Stunde, beschäftigt sich mit wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Aspekten datenbasierter Technologien.
Der Wirtschaftsinformatiker forscht interdisziplinär vernetzt zu Fragen der konkreten Einsatzbarkeit datenbasierter Technologien, beispielsweise zur Zertifizierung von KI-basierter Software im Bankwesen oder der Pharmaindustrie, zu Vertrauen in Chatbots, die in Bewerbungsprozessen Daten für Personalist*innen sammeln, oder zum rechtssicheren Einsatz von KI in der Unternehmensführung.
Industriespionage 4.0
Doch Stefan Thalmann beschäftigt sich nicht nur mit der optimalen Gestaltung von Rahmenbedingungen, sondern zeigt in seiner Forschung auch mögliche Risiken auf – beispielsweise Industriespionage, die durch den Austausch von Produktionsdaten stattfinden kann. Das interdisziplinäre Projekt „Knowledge Risks in Industry 4.0 Supply Chains“ untersucht das Risiko der unbeabsichtigten Offenlegung von Wissen bei organisationsübergreifenden Lieferketten. „Hier gibt es eine Unsicherheit, weil Unternehmen nicht wissen, was mit den Daten passiert. Dadurch entsteht eine Barriere, datenbasierte Technik einzusetzen“, so Thalmann.
Im Zuge des Forschungsprojektes will er Risiken offenlegen, aber auch zeigen, welche Maßnahmen getroffen werden können – stellt doch der Wissensvorsprung gerade für kleine und mittlere Unternehmen einen entscheidenden Wettbewerbsvorteil am Markt dar.
Diese Strategien werden gemeinsam mit Johannes Zollner vom Institut für Unternehmensrecht und Internationales Wirtschaftsrecht und BANDAS-Mitarbeiter Johannes Zeiringer erarbeitet. Ziel ist es zu zeigen, welche technischen, organisatorischen und rechtlichen Maßnahmen die Produktionsdaten schützen können.
Nächste Generation
Das Interesse für interdisziplinäre Forschungsarbeit an der Schnittstelle zwischen Technologie, Gesellschaft, Recht und Wirtschaft gibt Stefan Thalmann ab Herbst 2021 auch in einem neuen englischsprachigen Masterstudiengang an Studierende weiter: Computational Social Systems ermöglicht ein Studium an zwei Universitäten (Universität Graz, TU Graz) und eine Spezialisierung in vier Bereichen: Business Analytics, Societies, Technologies and Social Research, Human Factors oder Law and Computer Science. „Das Studium untersucht die verschiedenen Dimensionen von Technologie und Technologiewirkung. Wir betrachten soziotechnische Systeme nicht nur aus technischer Sicht, sondern auch aus einer psychologischen, wirtschaftswissenschaftlichen, rechtlichen oder soziologischen Perspektive.“
Auf all diesen Ebenen Vertrauen in Technologie zu schaffen, erachtet Stefan Thalmann als zentral für die Zukunft. Denn soziotechnische Systeme sollen zukünftig deutlich komplexer werden - auch der Umfang, wie wir als Menschen mit ihnen interagieren, werde zunehmen. „Diese Durchdringung unseres Lebens ist eine Herausforderung. Hier wird es wichtig, eine gute Balance zu finden.“ – Eine Balance, die Stefan Thalmann schon heute durch seine Forschungsarbeit an der Schnittstelle zwischen Technologie, Wirtschaft, Recht und Gesellschaft herstellt.
Zur Person: Univ.-Prof. Dr. Stefan Thalmann ist Leiter des Business Analytics and Data Science Center (BANDAS) an der Universität Graz.
Aktuelle Publikation: Stefan Thalmann, Jürgen Fleiß, Florian Königstorfer u. Christine Malin: Automatisiertes Entscheiden mit Hilfe von künstlicher Intelligenz braucht Erklärung!, in: Smart Regulation: Vertrag, Unternehmung und Markt, 2021. >> Open Access Publikation
Weitere Informationen zum Studiengang Computational Social Systems finden Sie hier.
Maria Fanta