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Wenn Daten sprechen

Andrea Schertler

Andrea Schertler, Professorin für Finance & Business Analytics, untersucht mithilfe großer Datensätze die Folgen unternehmerischer Regelverstöße.

13.03.2024

„Geldwäscher:innen schlafen nicht und passen sich an“, sagt Andrea Schertler. Die Professorin für Finance and Business Analytics am Institut für Banken und Finanzierung der Universität Graz forscht unter anderem zur Rolle von Banken, die an Verstößen gegen Geldwäsche-Richtlinien beteiligt oder von diesen betroffen sind.

In unterschiedlichen, internationalen Projekten analysiert die anerkannte Expertin unternehmerisches Fehlverhalten und nutzt dafür umfangreiche, quantitative Datensätze.

Anti-Geldwäschebehörde

Banken sind einem besonders hohen Risiko ausgesetzt, zu Zwecken der Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung missbraucht zu werden. Eine neu gegründete EU-Behörde in Frankfurt soll nun europaweit Unternehmen prüfen und zum ersten Mal alle Mitgliedstaaten an dieselben Vorschriften binden. „Der nächste Schritt, um das System sicherer zu machen,“ betont Andrea Schertler. Ein Allheilmittel gegen Geldwäsche gäbe es aber nicht: „Regulierungsbehörden laufen in diesem Wettrennen immer ein paar Schritte hinterher.“ Deshalb hätten staatliche Einrichtungen großes Interesse daran, anhand von Forschungsergebnissen für die Zukunft zu lernen.

Globale Datensuche

Wie tragen Aufsichtsbehörden oder Bankkund:innen dazu bei, die Finanzsysteme vor dem Missbrauch für kriminelle Zwecke zu schützen? Ist die Regulierungsdisziplin überhaupt stark genug, um das Verhalten der Banken zu ändern? Und wie beeinflusst die geografische Lage der untersuchenden Aufsichtsbehörde die Aktienkursreaktionen, wenn die Verstöße der Banken öffentlich werden?  Diese und viele weitere Fragen stehen im Mittelpunkt des Forschungsprojektes „Infractions of Anti-Money-Laundering Rules in Banks“ unter der Leitung von Andrea Schertler und in Zusammenarbeit mit Forscher:innen der Universität Groningen. Mittels aufwendig erhobener, öffentlich zugänglicher Daten erforscht das vom Jubiläumfonds der Österreichischen Nationalbank finanzierte Projekt, wie Behörden, Aktionäre oder Kund:innen auf der ganzen Welt reagieren, wenn Banken gegen Antigeldwäsche-Vorschriften verstoßen.

Bereits 150 Banken hat das Projektteam untersucht – bei 93 wurden Verstöße gegen Geldwäsche-Richtlinien gefunden. Dabei handle es sich jedoch nicht immer um ein bewusstes Fehlverhalten der Banken. „Die Vorgänge sind oft enorm komplex und man muss diese erkennen“, erklärt Andrea Schertler.

Offshore-Leaks

Im Forschungsprojekt „Offshore and Onboard“ wird ebenfalls mit umfangreichen, öffentlich zugänglichen Datensätzen gearbeitet. Gemeinsam mit Kollegen aus den Vereinigten Staaten und Australien untersucht Andrea Schertler Karrierewege amerikanischer Mitglieder des Unternehmensgremiums, die geheime Offshore-Unternehmen besitzen: „Unsere Analysen zeigen, dass sich die Karrierewege der betroffenen Corporate Directors aufgrund der veröffentlichten Hinweise verändern.“ Marktteilnehmer:innen würden auf die durch Leaks bereitgestellten Informationen reagieren, erklärt die Uni Graz-Professorin. „Es muss also nicht immer von Behörden reguliert werden, der Markt und die Stakeholder richten das in diesem Fall selbst.“

Internationaler Austausch

Vor ihrer Tätigkeit an der Universität Graz war die Bankenexpertin an Hochschulen in den USA, Deutschland und den Niederlanden tätig. „Um erfolgreich zu publizieren, muss man den internationalen Publikationsmarkt kennen und weltweit vernetzt sein“, sagt Andrea Schertler. Die Neugier, neue wissenschaftliche Fragen aufzugreifen, führt sie daher nicht nur auf verschiedene Kontinente, sondern auch von einem Forschungsprojekt zum nächsten: „Entdecke ich ein neues Thema, bin ich sofort begeistert, es umzusetzen.“ Die Geldwäsche mag keinen Stillstand kennen – aber auch die Forscherin Andrea Schertler nicht.

 

Zur Person:

Univ.-Prof. Dr. Andrea Schertler, Professorin für Finance and Business Analytics am Institut für Banken und Finanzierung der Universität Graz sowie Vizedekanin der Sozial- und Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät. Forschungsschwerpunkte im Bereich Smart Regulation: Regulierung von Banken, Risiko-Governance, Geldwäsche und Digitalisierung.

Maria Fanta

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