Wie beeinflussen Rechnungslegungsregeln die Qualität der Finanzberichterstattung? Welche unbeabsichtigten Folgen können Enforcement-Mechanismen auslösen? Oder welche Performancemaße steigern den Wert eines Unternehmens? Mit diesen und vielen weiteren Fragen beschäftigt sich Alfred Wagenhofer, Vorstand des Instituts für Unternehmensrechnung und Controlling sowie Leiter des Center for Accounting Research an der Universität Graz. Er forscht unter anderem zu interner und externer Unternehmensrechnung, Controlling sowie Corporate Governance. Anhand von ökonomischen Modellen untersucht der Experte für Accounting, welche Auswirkungen rechtliche Regeln und vertragliche Vereinbarungen auf wirtschaftliche Entscheidungen haben.
Trügerische Intuition
Erzielen Regeln ihre beabsichtigte Wirkung? Oder gibt es so genannte „unintended consequences“? Können diese die beabsichtigten Wirkungen sogar übersteigen, weshalb intuitive Überlegungen trügen? Stärkeres Enforcement, also mehr Rechnungslegungskontrolle, zum Beispiel durch Abschlussprüfung, staatliches Enforcement oder gerichtliche Klagen, kann insgesamt die Kontrolle schwächen, erklärt Alfred Wagenhofer. „Die verschiedenen Akteure antizipieren Strategien und Entscheidungen anderer Akteure und lassen diese in ihre Entscheidungsfindung einfließen. In einem Gleichgewicht müssen die tatsächlichen und die antizipierten Reaktionen übereinstimmen. Daher modellieren wir solche Situationen vorwiegend mit spieltheoretischen Modellen“, so der Uni Graz-Professor.
Nachhaltigkeitsberichterstattung
Mathematische und spieltheoretische Modellierungen stehen auch im Mittelpunkt des FWF-Projektes „Non-Financial Reporting: Economics and Real Effects“. Alfred Wagenhofer entwickelt gemeinsam mit Projektleiter Georg Schneider, Ralf Ewert und Michael Kopel ein theoretisches Fundament, um mögliche Wirkmechanismen und auch unbeabsichtigte Wirkungen von zukünftigen Transparenzregeln im Bereich der Nachhaltigkeitsberichterstattung aufzeigen zu können. „Hier wird Verhaltenssteuerung nicht durch Verbote erzeugt, sondern über Transparenzregeln“, so Alfred Wagenhofer. Umgesetzt wird dieses institutsübergreifende Projekt im Rahmen des 2005 gegründeten Center for Accounting Research (CAR) an der Universität Graz. Ein Forschungscluster unter der Leitung von Alfred Wagenhofer, der sich mit Theorien und ökonomischen Modellen der Unternehmensrechnung, der Weiterentwicklung von Rechnungslegungsvorschriften sowie der Anwendung von Anreizsystemen und Controlling-Instrumenten beschäftigt.
Konzeptionelle Forschung
Die Accounting-Experten der Universität Graz engagieren sich jedoch nicht nur im CAR, sondern auch im Profilbereich Smart Regulation. „Der Profilbereich Smart Regulation ist wichtig, um mit anderen Wissenschafter*innen zu kommunizieren, verschiedene Sichtweisen und neue Ansatzpunkte für die Lösung realer Probleme zu finden“, sagt Gründungsmitglied Alfred Wagenhofer. „Enforcement und Transparenzregulierung sind typische Beispiele dafür. Rechtliche Rahmenbedingungen bilden die Basis, um ökonomische Konsequenzen zu studieren und Verbesserungsmöglichkeiten zu finden. Mit unserer Forschungsmethode sind wir dazu auf der konzeptionellen Ebene unterwegs“, so der Experte für Unternehmensrechnung.
Alfred Wagenhofers Tätigkeit als Forscher reicht weit über die Grenzen der Universität Graz hinaus. Durch zahlreiche Mitgliedschaften in nationalen und internationalen Arbeitskreisen, beispielsweise im österreichischen Rechnungslegungsstandardsetter AFRAC, fördert der Ökonom aktiv den Austausch zwischen Wissenschaft und Praxis. So könne er nicht nur neue betriebswirtschaftliche Erkenntnisse zu aktuellen Fragen erarbeiten, sondern auch Diskussionsprozesse starten und praktische Themen mitgestalten.
Zur Person
O.Univ.-Prof. Dr. Dr.h.c. Alfred Wagenhofer ist Vorstand des Instituts für Unternehmensrechnung und Controlling sowie Leiter des Center for Accounting Research an der Universität Graz. Er ist wirkliches Mitglied der Österreichischen Akademie der Wissenschaften. Alfred Wagenhofer ist außerdem Mitglied des österreichischen Rechnungslegungsstandardsetter AFRAC (Austrian Financial Reporting and Auditing Committee), des Österreichischen Arbeitskreises für Corporate Governance, des EFRAG (European Financial Reporting Advisory Group) Academic Forum sowie in weiteren internationalen Vereinigungen, wie z.B. im Vorstand der Schmalenbach-Gesellschaft für Betriebswirtschaft, tätig.