Unternehmerische Entscheidungen, wie etwa die Zusammenlegung von Unternehmen und der Einsatz neuer Technologien, können massive Auswirkungen auf Firmen und die Gesellschaft haben. „Bei diesen Entscheidungen geht es um Milliardenbeträge, um Wettbewerbsfähigkeit und um viele Arbeitsplätze. Sie müssen also gut gewählt und begründbar sein“, weiß Matthias Wendland, Rechtswissenschafter an der Uni Graz. Sein Zugang: Künstliche Intelligenz (KI) soll bei der Entscheidungsfindung unterstützend wirken. Doch das ist nicht einfach umsetzbar. „Es gibt riesige Datenseen mit bislang nicht gehobenen Schätzen höchst wertvoller Daten: Big Data. Werden diese Daten in sinnvoller Weise miteinander verknüpft, so ergeben sich völlig neue Erkenntnisse und Einsichten, die sich mit theoriebasierten Ansätzen nicht erschließen lassen“, führt Wendland aus. KI soll hier bestmöglich Firmenchefs, Aufsichtsräten oder PolitikerInnen bei der Entscheidungsfindung helfen. Allerdings versteckt sich hier ein massives Problem: „KI-Systeme arbeiten nach dem Blackbox-Prinzip. Wie das System zu einem bestimmten Ergebnis kommt, ist grundsätzlich nicht nachvollziehbar. Und genau diese Eigenschaft von KI-Systemen kann zu Haftungsfallen für die Verantwortlichen führen, wenn sich eine KI-gestützte Prognose im Nachhinein als falsch erweist“, betont der Jurist.
Gemeinsam mit dem Big-Data-Spezialisten Stefan Thalmann arbeitet Wendland im Profilbildenden Bereich „Smart Regulation“ der Universität Graz an einem KI-System, das seine Entscheidungsempfehlungen erklärt. Der Ansatz der „explainable AI“ ist in der Medizin mittlerweile Standard. Im Bereich Predictive Business Analytics dagegen noch Neuland. Ähnlich wie bei der Diagnostik von Magnetresonanz-Bildern, bei der diese Systeme mittlerweile eigenständig Krebszellen im Gewebe erkennen, soll Künstliche Intelligenz bei wichtigen Entscheidungen in Wirtschaft und Politik künftig erklärend zu Wort kommen. Denn am Ende müssen ganz reale Menschen für ihre Entscheidungen einstehen und Verantwortung übernehmen. KI könne menschliche Rationalität nie ersetzen, so Wendland. Sie kann Entscheidungen lediglich vorbereiten. Und sie muss die ihr zugrunde liegenden Faktoren auch begründen können.
Der Einsatz von Künstlicher Intelligenz und die Herausforderung, die sie an unsere rechtlichen Normen stellt, war Inhalt der Tagung „Theorie- und evidenzbasierte Politik“, die am 8. Oktober 2021 an der Universität Graz stattgefunden hat. In mehreren Fachvorträgen näherten sich die WissenschafterInnen dem Thema aus unterschiedlichen, interdisziplinären Perspektiven.
Nähere Infos unter: https://smart-regulation.uni-graz.at/de/symposium-2021/